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In memoriam I – Krankheit und Therapie (3. Teil)
Wir verdanken Horst-Eberhard Richter die Besinnung auf die psychischen und sozialen Voraussetzungen von Krankheit und Therapie. Er hat einen auf das Psychosoziale bezogenen Gesundheits- und Krankheitsbegriff entwickelt, der auf der Überzeugung gründet, „dass psychisches Wohlbefinden soziales Wohlbefinden einschließt und zugleich voraussetzt“ (1978 in einem Aufsatz über „Sozialtherapie“). Jede Therapie, so seine Folgerung wie sein Anspruch, müsse daher eigentlich auch soziale Therapie sein.
Richter kritisierte das Auseinanderfallen medizinischer und sozialer Aspekte in der Patientenversorgung: Der Aspekt als Patient und der Aspekt als sozialer Problemfall würden meist aufgespalten und der Zuständigkeit entweder der traditionellen medizinischen Versorgung oder den Einrichtungen der Sozialbürokratie überantwortet. Ziel moderner Sozialtherapie, so Richter, müsse es hingegen sein, eine ganzheitliche Betrachtungsweise der körperlichen, psychischen und sozialen Anteile der in sich zusammenhängenden Schwierigkeiten des Patienten zu etablieren und in den Behandlungskonzepten zum Ausdruck zu bringen. Eine sozialtherapeutische Perspektive führt zwangsläufig dazu, Einzelne, Paare und Familien innerhalb ihrer komplexen sozialen Beziehung zu verstehen und zu unterstützen.
Auch bei präventiven Maßnahmen sollten die Erkenntnisse über sozialpsychologische Zusammenhänge immer eine große Rolle spielen. Menschen können nur dann ihre Einstellungen und ihr Verhalten verändern, wenn sie konkret erfahren und erleben, wo und inwiefern sie durch ihr eigenes Verhalten unbewusst gebunden bleiben an psychosoziale und institutionalisierte Abwehrmechanismen. Sich allein auf die gut gemeinte Absicht und die moralische Überzeugung oder auch auf erwiesene wissenschaftliche Erkenntnisse zu berufen, lässt nämlich außer Acht, dass das Verhalten der Menschen von emotionalen, unbewussten und irrationalen Motiven mitbestimmt wird.
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